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Welt im Wandel: Menschheitserbe Meer

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"Die Meere sind gemeinsames Erbe der Menschheit und sollten langfristig einen entsprechenden völkerrechtlichen Status erhalten. Dadurch würden sie besser geschützt und ihre nachhaltige Nutzung würde gesichert, so der WBGU in seinem neuesten Gutachten „Welt im Wandel - Menschheitserbe Meer", das heute der Bundesregierung übergeben wurde.

Trotz zahlreicher völkerrechtlicher Abkommen und freiwilliger Verpflichtungen werden die Meere nicht nur höher, wärmer und saurer, wie bereits 2006 vom WBGU beschrieben; sie werden auch massiv überfischt, verschmutzt und zunehmend als letzte große Ressourcenquelle der Erde erschlossen und ausgebeutet. Seit 1994, dem Inkrafttreten des UN-Seerechtsübereinkommens (UNCLOS), wird nur ein Teilgebiet als gemeinsames Erbe der Menschheit anerkannt: das Gebiet des Meeresbodens jenseits nationaler Hoheitsbefugnisse mit seinen mineralischen Ressourcen. Den schlechten Zustand der Meere und die absehbare Zunahme von Meeresübernutzung und -verschmutzung nimmt der WBGU jetzt zum Anlass, die bereits Ende der 1960er Jahre in der UN-Generalversammlung vorgetragene Forderung erneut aufzugreifen: Alle Meereszonen mit Ausnahme des Küstenmeeres sollten zum gemeinsamen Erbe der Menschheit erklärt werden. Zudem sollten Bewahrung und nachhaltige Nutzung der Meere ein Leitprojekt der „Großen Transformation" hin zu einer klimaverträglichen, zukunftsfähigen Gesellschaft sein. Die Notwendigkeit dieser „Großen Transformation" hat der WBGU bereits 2011 in einem Gutachten begründet.

Auf dieser Grundlage sieht die Langfristvision des WBGU für die Meere eine Reform des UN-Seerechtsübereinkommens vor, die einen vorsorglichen und nachhaltigen Umgang mit den Meeren sicherstellt. Damit stünde der dauerhafte Schutz der Meere ebenso im Zentrum wie ihre gemeinschaftliche Nutzung in einer Welt mit bald 9 Milliarden Menschen. Von den Nutzungsmöglichkeiten der Weltmeere sollte die gesamte Menschheit profitieren. Voraussetzung hierfür wäre ein Konsens zum Umgang mit den Meeren, der über einen breiten gesellschaftlichen Dialog zu erreichen ist: ein Gesellschaftsvertrag für die Meere. Als Schlussstein eines sorgfältigen und schrittweisen Umbaus der internationalen Meerespolitik empfiehlt der WBGU die Gründung einer Weltmeeresorganisation (World Oceans Organisation) und entsprechender regionaler Institutionen für nachhaltiges Meeres-Management. Eine solche Strategie für einen nachhaltigen Umgang mit den Meeren ist notwendig, möglich und vorteilhaft: Notwendig ist sie, weil die Meere erheblich geschädigt, verschmutzt und ausgebeutet werden. Möglich ist sie durch eine schrittweise und wirkungsvolle Regulierung der Meeresnutzung, aufbauend auf dem UN-Seerechtsübereinkommen. Vorteilhaft ist die Strategie, weil sie zum Übergang zu einer klimaverträglichen, nachhaltigen Gesellschaft beiträgt und sicherstellt, dass die Meere auch von künftigen Generationen genutzt werden können.

[...]

Der Schutz des Menschheitserbes ist - angesichts des derzeit stattfindenden Wettlaufs um die Rohstoffe - rund um den Nordpol mit seinen äußerst empfindlichen Ökosystemen zunehmend gefährdet. Hier gilt es die Interessen künftiger Generationen zu wahren und den gegenwärtigen Trend durch völkerrechtliche Regelungen zu begrenzen.

Die deutsche Meeresforschung ist international exzellent aufgestellt und kann daher wichtige Lösungen zum Schutz und zur dauerhaften Nutzung der Meere erarbeiten und vorschlagen. Allerdings sollten die Gesellschaftswissenschaften stärker integriert und enger mit den Naturwissenschaften verzahnt werden. Zudem sollte die Meeresforschung insgesamt stärker auf Nachhaltigkeit ausgerichtet werden. Dafür bedarf es einer entsprechenden Förderpolitik."

Quelle: WBGU

Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (2013), Welt im Wandel. Menschheitserbe Meer, Berlin.